Aus dem genialen 9-Euro-Ticket ist ja mittlerweile das 49 € teure Deutschlandticket geworden. Die Beschränkung auf den Regionalverkehr macht es jedoch neben der Preiserhöhung, dem Abo-Modell und der Gültigkeitsdauer nur vom ersten bis zum letzten Tag eines Monats nicht sonderlich attraktiv, mit der Bahn zu reisen. Entferntere Ziele erfordern mehrfaches Umsteigen und sind nur mit erheblichem Zeitaufwand zu erreichen. Aufgrund regelmäßiger Verspätungen oder gar Ausfällen macht jeder Umstieg die Reiseplanung unberechenbar. Lediglich für Pendler und Verbindungen ohne Umsteigen ist das meiner Meinung nach interessant. Bin mal gespannt, wo denn die aktuell geplante Preiserhöhung landen wird. Für meine geplante Nutzung des Tickets während er Kieler Woche und für verschiedene Fahrten nach Sylt und Hamburg ist das Ticket jedoch im Vergleich zu den regulären Preisen weiterhin recht günstig. Allein eine Fahrt nach Sylt hin und zurück würde zum regulären Tarif über 70 € oder reduziert 53 € kosten.
Bei Bilderbuchwetter starte ich am 25.06. meine Fahrt nach Sylt, die im günstigsten Fall 2,5 Stunden dauert. Auf der Hinfahrt klappt sowohl der Umstieg in Husum als auch die Überfahrt nach Sylt ohne nennenswerte Verzögerungen. Diesmal bekomme ich in Westerland das Fahrrad zum Nachmittagstarif für nur 5 €. Mittlerweile ist es wohl so, dass meist E-Bikes gemietet werden und die „Normalos“ stehen bleiben, obwohl es ja fast keine Steigungen auf der Insel gibt. Während ich das letzte Mal in den Norden nach List gefahren bin, werde ich diesmal in den Süden nach Hörnum fahren. Da Westerland ziemlich genau in der Mitte der Insel liegt, werden es hin und zurück wieder circa 40 km sein. Zunächst chille ich aber noch etwas am Strand. Als ich dort mein selbst belegtes Fladenbrot genieße, werde ich Opfer eines „Raubüberfalls“. Von hinten kommt eine Möwe in Sturzflug, touchiert leicht meine Schulter und entreißt mir den Rest meines Snacks aus der Hand, obwohl ich die schon recht dicht am Körper gehalten habe. Natürlich ist das einigen anderen Möwen nicht entgangen und es kommt zu einem kleinen Luftkampf um den leckeren Happen.
Die Fahrt nach Hörnum dauert circa eine Stunde. Die Strände südlich von Westerland sind fast menschenleer.
Den Leuchtturm von Hörnum kann man leider nur mit Tickets besichtigen, die in der Regel weit im Voraus zu buchen sind. Mit etwas Glück bekommt manchmal noch man ein freigewordenes Ticket vor Ort, wenn man zur richtigen Zeit dort ist.
Auf dem Rückweg wäre ich froh gewesen, wenn ich auch ein E-Bike hätte. Durch den kräftigen Gegenwind ist die 20 km lange Fahrt sehr anstrengend. Auf halber Strecke überlege ich kurz, ob ich den Rest mit dem Linienbus zurückfahren soll. Die Busse sind hier für solche Fälle immer hinten mit Fahrradträgern ausgerüstet. Ich fahre kurz an die Haltestelle und schaue auf den Fahrplan, aber dann siegt der Ehrgeiz und ich fahre weiter. Den Rest des Tages verbringe ich noch in Westerland am Strand und wage auch ein Bad in der kühlen Nordsee. Während ich auf meinem Handtuch liege, ziehen nur wenige Meter von Strand entfernt zwei „Delfine“ vorbei. Tatsächlich handelt es sich sicherlich um Schweinswale. Ein paar Mal tauchen ihre Rückenflossen über der Wasseroberfläche auf, bevor sie verschwinden. Meist handelt es sich bei zwei dicht beieinander auftauchenden Rückenflossen um Mutter und Kind.
Die Rückfahrt beginnt schon mit einer Verspätung, da die Strecke zum Festland ja nur eingleisig ist, und wir auf einen entgegenkommenden Zug warten müssen. Leider müssen wir bei jedem weiteren Stopp wieder warten. Selbst leere Autozüge haben scheinbar Vorrang vor dem gut besetzten Personenzug. Letztendlich summiert sich die Verspätung derart auf, dass wir in Husum den Anschlusszug um 1 Minute verpassen. Anscheinend gibt es in den Zügen keine modernen Kommunikationsmittel, sodass mindestens 20 Personen eine Stunde auf den nächsten Zug warten müssen. Wäre das eine Stunde später passiert, dann hätte es an dem Tag gar keinen Anschlusszug mehr gegeben. Diese „Glanzleistung“ ruiniert am Ende noch den bisher sehr schönen Tag.
Natürlich habe ich für meinen Tag in Hamburg (11.07.) auch gutes Wetter abgepasst. Seit dem 5. Juli, also erst vor einer knappen Woche, hat der Bunker in St. Pauli neu eröffnet, von dessen 1400 m² großen Dachterrasse man in circa 50 Meter Höhe einen tollen Ausblick in alle Himmelsrichtungen hat. Der Zutritt ist kostenlos, wird unten aber über ein Drehkreuz geregelt, da die Kapazität für Besucher begrenzt ist. Ein automatisches Zählsystem sperrt den Zugang, wenn die maximal zulässige Besucherzahl erreicht ist. Schon der Weg nach oben, der außen am Bunker hochführt und im oberen Bereich reichlich begrünt wurde, ist ein Erlebnis. Nur berechtigte Personen können auch den Fahrstuhl nehmen. Auf der Dachterrasse dürfen sich maximal 900 Personen gleichzeitig aufhalten. Insgesamt ist der Bunker allerdings für bis zu 5000 Menschen ausgelegt. Unterhalb des Dachgartens befinden sich nämlich noch Gastronomieflächen, ein Hard Rock Hotel und andere Räumlichkeiten. Wie ich finde eine schöne und sinnvolle Erweiterung des geschichtsträchtigen Bunkers, in dem im 2. Weltkrieg zeitweise bis zu 25000 Menschen Schutz vor Luftangriffen gesucht haben. Hamburg ist somit jetzt um ein Wahrzeichen reicher. Wenn die Pflanzen in den nächsten Jahren gewachsen sind, dann sieht es sicher noch besser aus. Auf dem Heiligengeistfeld sieht man noch die aufgebaute Fanmeile für die Fußball-EM. Da Deutschland ja bereits ausgeschieden ist, werden die noch folgenden Partys dort wohl etwas kleiner ausfallen.
Im alten Elbpark steht das 34 Meter hohe Bismarck-Denkmal. Die Statue selbst besteht aus 100 Granitblöcken und ist 15 Meter hoch. Sie wurde 1906 enthüllt. Erst 2020 wurde das Denkmal aufwändig gereinigt und mit einem Graffitischutz versehen. Der Sockel ist jedoch leider bereits wieder reichlich mit Graffitis „dekoriert“ worden.
Auch meine nächste Aktivität führt mich über die Dächer der Stadt. Ich erklimme den Turm des Hamburger Michel, genauer gesagt der Kirche St. Michaelis.452 Stufen sind es bis zur Aussichtsplattform in 82 Meter Höhe, aber wer es bequem mag, der kann auch den Fahrstuhl nehmen. Auf dem Weg nach oben gibt es innen im Turm ein paar Zwischenböden. Unter anderen kann man dort das alte mechanische Uhrwerk in Funktion sehen. Vermutlich ist es gut, wenn man nicht gerade auf Höhe der Glocken ist, wenn diese läuten. Von der Außenplattform kann man natürlich nicht nur die Elphi und den Bunker sehen.
Bei dem schönen Wetter ist natürlich auch eine Fahrt mit einem der Linienschiffe auf der Elbe obligatorisch.
Bedauerlicherweise wird auch dieser Tag wieder von einem schlechten Erlebnis mit der Bahn „gekrönt“. Als ich am Gleis ankomme, zögere ich einen Moment, weil dort ungewöhnlicherweise ein hellblauer tschechischer Zug steht. Als ich den in der Wagentür stehenden Mitarbeiter frage, ob das der Zug nach Kiel sei, da sagt er mit einem schadenfrohen Unterton: „Das war der Zug nach Kiel, sie können aber nicht mehr einsteigen“. Dann schließt er die Tür und der Zug fährt ab. Also wieder eine Stunde warten. Zu wenig um noch etwas zu machen und zu viel um am Gleis zu warten. In der Umgebung des Hamburger Hauptbahnhofs ist es zum Glück nicht so tot wie in Husum.
Am letzten Gültigkeitstag des Deutschlandtickets fahre ich erneut nach Hamburg. Diesmal fahre ich mit dem Fahrrad an der Elbe entlang bis nach Blankenese. Von den Landungsbrücken sind das etwas mehr als 10 km. Bei dem sommerlichen Wetter sind viele Leute am Elbstrand und etliche baden auch in der Elbe. Ob das Wasser bei all dem Schiffsverkehr wirklich so gut ist, weiß ich nicht. Gesundheitsschädlich wird’s aber wohl nicht sein.
Das Treppenviertel von Blankenese ist wirklich sehenswert. Die meisten der in den Hang gebauten Häuser des ehemaligen Fischerdorfes sind nur über Treppen zu erreichen. Das stellt natürlich eine besondere Herausforderung für Müllabfuhr, Paketzustellung, Handwerker etc. dar. Der Müll wird z. B. in Säcken nach draußen gestellt und muss von dort bis zur nächsten Straße gebracht werden.
Einen schönen Ausblick hat man vom Kanonenberg im Baurs Park, von seinerzeit einlaufende Schiffe mit Böllerschüssen begrüßt wurden. Durch die großen Bäume hat man dort allerdings auch weiter vorne keinen Panoramablick.