Andasibe

Die Nachtruhe wurde leider gestört, da morgens um 4 Uhr schon irgendein Hahn gekräht hat. Ich konnte zwar nochmal einschlafen, aber um kurz nach 6 Uhr meldeten sich auch noch andere Hähne zu Wort. Der Name der Hauptstadt Antananarivo ist am Anfang wie ein Zungenbrecher. Wie gut, dass die Einheimischen die Stadt nur Tana nennen. Sie liegt verteilt auf mehrere Hügel im Hochland auf etwa 1300 Meter Höhe, wodurch die Temperaturen in dieser Jahreszeit nachts durchaus örtlich auf unter 10 °C abfallen können, während tagsüber dann wieder 30 °C erreicht werden. Im Kerngebiet hat Tana knapp 1,3 Millionen Einwohner. Durch die Hügellage gibt es eine Unter- und eine Oberstadt.
Um 8 Uhr ist mein Wagen mit Fahrer Anja (gesprochen Ansa) am Hotel. Außerdem ist noch kostenlos der Guide Ardo dabei, der bisher nur im Büro für die Agentur gearbeitet hat und nach Anfrage der Agentur bei mir das erste Mal bei einem Kunden mitfahren „darf“. Mit beiden gehen wir meinen Routenplan durch und es kommt gleich der erst Änderungsvorschlag. Wegen des täglichen Verkehrschaos in der Stadt überspringen wir ein paar Punkte, die ich für heute in der Stadt geplant hatte, und verschieben diese auf das Ende der Reise. Ein kurzer Stopp im Supermarkt ist noch drin, und dann stehen wir auch schon im Stau auf der Route aus der Stadt heraus.

Die erste Etappe führt circa 150 km in Richtung Osten nach Andasibe. Leider gibt es, wie bereits erwähnt, deutlich unterschiedliche Zeitangaben für die Routen im Internet. Laut Google Maps dauert diese Route beispielsweise 3:41 Stunden für 157 km, bei Openrouteservice nur 2:53 Stunden für 146 km. Die Realität ist vermutlich irgendwo dazwischen. Durch den Einkauf und den Stau waren es heute in Summe sogar ca. 4 Stunden. Landschaftlich gibt es keine Highlights auf der Strecke, aber was man sonst so vom Alltag der Bevölkerung sieht, ist wirklich interessant. Ein Vorteil, wenn man nicht auf dem Fahrersitz sitzt, ist, dass man viel mehr sieht als sonst. Anja kennt anscheinend jedes Schlagloch persönlich. Selbst hier, wo die Straßen noch gut sind, gibt es teilweise plötzlich schlimme, große Schlaglöcher, die möglichst an einer bestimmten Stelle im Schritttempo durchfahren werden sollten.

Da wir ja in Antananarivo ein paar Tagesordnungspunkte ausgelassen haben, kommen wir schon am frühen Nachmittag an der Lodge an und müssen den Rest des Tages noch füllen. Als Erstes fahren wir zu Vakona Lemur Island. Dort leben verschieden Lemuren „frei“ auf ein paar kleinen Inseln, von denen eine betreten werden darf. So etwas ist eigentlich nicht so ganz mein Ding, aber die Tiere werden nicht in Käfigen zur Schau gestellt oder zu irgendetwas gezwungen und so nah wird man den knuffigen Kerlchen auf der ganzen Reise nicht mehr kommen. Die Kanutour um die Inseln herum ist den Gästen der zugehörigen Lodge vorbehalten. Für 30000 Ariary Eintritt wird man lediglich ein paar Meter mit dem Kanu auf die eine Insel übergesetzt und dort dann herumgeführt. Gleich zu Beginn sind einige braune Lemuren zu sehen. Sogar eine Mutter mit Baby ist dabei. Die erinnern mich sehr an die Nasenbären auf Costa Rica. Sehr putzig und ohne jede Scheu wuseln sie auf dem Boden und im Geäst herum. Man kann sich den Tieren bis auf weniger als einen halben Meter nähern, ohne dass diese das stört. Die sind so flauschig, dass man sie am liebsten knuddeln würde. Dazu noch die zarten Grunzlaute, die sie von sich geben. Es bleiben jedoch Wildtiere, wie sich etwas später zeigt, als ein besonders mutiger Lemur einem Guide eine Banane aus der Hand reißt und ihn dabei, vermutlich unbeabsichtigt, leicht in den Finger beißt.

Hier sieht man ganz gut ein Indiz auf die Verwandtschaft zu den Affen. Anstelle von Krallen haben die Lemuren nämlich ebenso wie Affen Fingernägel.

Ein kleines Stück weiter bekommt man dann die großen, schwarz-weißen Varis zu sehen, die allein durch ihre Größe zwar etwas weniger Niedlichkeitsfaktor haben, aber trotzdem toll anzuschauen sind. Neben der Größe kann man diese Art durch den langen, buschigen Schwanz leicht von den ebenfalls schwarz-weißen Indri Indri unterscheiden.

Auf der Insel gegenüber sind Sifakas zu sehen, die ebenfalls sehr großen sind. Sie zeichnen sich durch ihre charakteristische Fortbewegungsart aus, die auch oft als tanzen bezeichnet wird. Mit aufrechtem Gang hüpfen sie auf dem Boden mit seitlichen Sprüngen, um voranzukommen. Hier im Osten der Insel sind vorwiegend die Diademsifakas heimisch.

Höchste Punkte, in Sachen Niedlichkeit bekommt von mir die kleinen Bambuslemuren, die jedoch etwas scheuer sind und nicht so dicht herankommen. Nur wenn der Guide ab und zu etwas Banane an die Baumrinde schmiert, kommen sie kurz etwas dichter, um das schnell abzulecken.

Ich hatte den Eindruck, dass es den Tieren auf den Inseln gut geht. Alle waren scheinbar gesund und putzmunter. Sie können sich auch jederzeit zurückziehen, wenn es ihnen zu viel wird, da keine Touristen unbeaufsichtigt über die Insel laufen. Außerdem achten die Guides darauf, dass die Touristen nichts füttern, auf den Wegen bleiben und nichts Unerlaubtes tun.
Am Nachmittag laufen wir noch durch den kleinen Ort Andasibe, der überwiegend aus den landestypischen Holzhäusern besteht. Es herrscht emsiges Treiben, auch wenn es auf den Bildern gar nicht so aussieht. Auf den Reisfeldern im Ort werden gerade neue Pflanzen gesetzt. Der Reis braucht 6 Monate zum Reifen, sodass es zwei Ernten pro Jahr gibt.

Nach einer kurzen Erholungszeit in der Lodge, fahren wir um 18:15 Uhr zu einem Nightwalk. Zu sehen gibt es den kleinen nachtaktiven Mausmaki, der leider sehr flink unterwegs ist und somit mit meinem Amateurequipment im Dunkeln fast nicht zu fotografieren ist. In der Mitte des Bildes kann man im Licht der Taschenlampe einen von ihnen leicht unscharf erkennen.

Neben den Mausmakis gibt es bis auf einen Frosch und ein kleines Babychamäleon, das höchstens 1 cm groß ist, bedauerlicherweise nichts zu sehen.

Die Unterkunft ist nichts Besonderes, aber schön, sauber und gepflegt. Da man hier nicht mal eben in ein Restaurant fahren kann, ist es gut, dass man im Hotel etwas essen kann.

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