Heute fahre ich in das circa eine Stunde entfernte Ihlara Tal (auf Wikipedia ist eine sehr schöne Übersichtkarte von Kappadokien zu finden).
Zuvor werde ich mir aber noch die unterirdische Stadt Derinkuyu anschauen. Unterwegs steht am Straßenrand eine riesige, neue Moschee. Ich frage mich, warum man in dieser eher ländlichen Gegend so eine große Moschee benötigt, allerdings auch bei Gotteshäusern anderer Religionen neigt man ja gern zu Monumentalität.
In Kappadokien gibt es wohl derzeit circa 40 entdeckte unterirdische Städte, die aber größtenteils der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Im 9 km von Derinkuyu entfernten Kaymaklı gibt es ebenfalls eine zugängliche unterirdische Stadt, die beide über einen Tunnel miteinander verbunden waren. Das in Derinkuyu ist jedoch wohl sogar die größte bisher entdeckte unterirdische Stadt der Welt. Derinkuyu bedeutet im türkischen tiefer Brunnen oder Schacht. Der Eintritt beträgt tagesaktuell den Gegenwert von 13 € in türkischer Lira. Das Tunnel- und Höhlensystem wurde erst 1963 zufällig entdeckt. Hierzu gibt es verschiedene Geschichten. Eine ist, dass ein Einheimischer, dem immer wieder auf unerklärliche Weise Hühner verschwanden, eine Spalte im Boden entdeckte, die bei näherer Untersuchung dann zu dem Höhlensystem führte. Eine andere ist, dass jemand bei Umbaumaßnahmen eine Felswand durchbrochen hat und dahinter dann einen der Höhlenräume entdeckte. Bisher wurden schon 20 Ebenen entdeckt, von denen derzeit nur 8 der Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Schätzungen, wie viel Menschen seinerzeit in dieser Stadt wohnten, gehen sehr weit auseinander. Es wird wohl im unteren bis mittleren 5-stelligen Bereich gewesen sein. Ausgesprochen genial ist das Belüftungssystem, das noch heute, auch in 85 Meter Tiefe, mit unzähligen dafür angelegten Schächten überall für Frischluft sorgt. In der oberen Ebene soll es wohl bis zu 15000 solcher Kanäle geben, die teilweise auch genutzt wurden, um frisches Wasser in die Tiefe zu transportieren.
Neben Wohn- und Schlafräumen gab, es auch Viehställe, Kirchen, Schulen, Lagerräume, Gemeinschaftsräume usw., sodass man auch längere Zeit dort leben konnte, ohne an die Oberfläche zu müssen.
Auch wenn die unterirdische Stadt jetzt am Vormittag schon relativ gut von Touristen besucht ist, gibt es immer wieder Stellen, wo man ganz alleine unterwegs ist. Teilweise muss man dabei auch in gebückter Haltung durch dunkle Gänge gehen, bei denen das Licht am Ende des Tunnels erst nach einer Weile auftaucht. Einige Gänge sind so schmal, dass zwei Personen nicht aneinander vorbeigehen können. Man sollte besser nicht unter Klaustrophobie leiten, wenn man hier unterwegs ist. Gäbe es nicht gelegentlich die roten bzw. blauen Pfeile an den Wänden, dann hätte man sich sehr schnell verlaufen. Es ist alles sehr verwinkelt und die Wege und Räume sehen auch oft sehr ähnlich aus. Ich vermute mal, dass die angenehm kühle Temperatur ganzjährig annähernd konstant ist.
Einige Gänge konnten mit schätzungsweise 500 kg schweren Steintüren verschlossen werden, falls unerwünschter Besuch in das Höhlensystem eindrang. Die Steine wurden dann aus ihrer Vertiefung vor den Gang gerollt und durch das Loch in der Mitte konnte man die Situation auf der anderen Seite weiterhin beobachten.
Als ich draußen ein Foto von den für den Verkauf aufgebauten Waren mache, kommt sofort aus dem Nichts der Verkäufer zum Vorschein, der vergeblich ein Geschäft wittert.
Die teilweise über 100 Meter tiefe Schlucht von Ihlara wurde von dem nur 120 km langen Fluß Melendiz Çayı erzeugt. Vermutlich weil’s gut klingt, nennt man es auch „Grand Canyon der Türkei“. Ich habe mich von Google Maps dorthin führen lassen und komme nördlich von dem Ort Ihlara auf einem neu angelegten Parkplatz an, wo ich erstmal 60 ₺ bezahlen muss. Zum Glück ist einer der wenigen Schattenplätze unter einem Baum frei. Vom Parkplatz geht es dann ein paar Minuten zu Fuß hinunter zum Ticketoffice, wo diesmal der Gegenwert von 15 € zu bezahlen ist. Ich frage am Eingang nach Details und erfahre, dass es unterschiedlich lange Routen gibt. Angeblich soll es nach 5 km einen im Ticketpreis enthaltenen Shuttle geben, der einen wieder zum Parkplatz bringt. Das klingt gut und ich mache mich auf den Weg. Von diesem Eingang führt eine Treppe mit fast 400 Stufen hinab in die Schlucht. Während oben nur trockenes Gras und ein paar Sträucher wachsen, ist unten im Tal alles üppig grün bewachsen. Man kann den Grund an dieser Stelle gar nicht sehen.
Unten angekommen sehe ich anhand der Schilder, dass dieser Zugang eher mittig im Tal liegt, den zu beiden Seiten sind verschiedene Punkte ausgeschildert. Überwiegend sind das christliche Kirchen, die in den Felsen eingearbeitet wurden. Ich entscheide mich nach links in nördliche Richtung zu gehen. Auf beiden Seiten des Flusses sind Wanderwege und gelegentlich gibt es eine Brücke, über die man bei Bedarf die Seite wechseln kann. Der Weg auf der Seite, auf der man herunterkommt, ist breit und eben, während der Weg auf der anderen Seite eher ein teilweise unebener Trampelpfad ist. Da Einheimische ja nur einen Bruchteil des Eintritts zahlen müssen, wird das Tal auch gern zur Erholung genutzt. Unten im Tal ist es ja ohnehin schon etwas kühler, aber man kann sich auch im Fluss erfrischen, oder picknicken. Es gibt auch eine Stelle, wo so etwas wie ein Restaurant oder Imbiss ist. Nach etwa 2 Stunden gemütlicher Wanderung komme ich an eine Stelle mit Ticketoffice, Schranke und Parkplatz. Hier stellt sich heraus, dass es so etwas wie einen Shuttle nicht gibt. Ich habe keine Ahnung, warum die Frau am Eingang so einen Mist erzählt hat. Ich bin am Ende der Schlucht in Belisirma und muss wohl oder übel den gleichen Weg wieder zurückgehen. Das dauert zwar etwas weniger als 2 Stunden, aber am Ende muss ich die 400 Stufen wieder nach oben gehen. Wer sich vorher besser über so ein Ausflugsziel informiert, ist klar im Vorteil.
Die Kirche, die ich mir auf dem Weg anschaue, ist klein, aber sehr gut ausgearbeitet und die bunten Malereien sind noch relativ gut erhalten.
Auf dem Rückweg sehe ich auf einem Hügel in der Ebene die byzantinische Kirche Yüksek Kilise. Von dort oben hat mein einen herrlichen Ausblick auf die Ebene mit dem inaktiven 3268 Meter hohen Vulkan Hasan Dağı im Hintergrund.
Uçhisar ist am Abend stimmungsvoll erleuchtet.












