Sahara

Oberhalb von Tinghir gibt es einen schönen Aussichtspunkt über die Stadt, den Palmenhain und die Landschaft hat.

Nur ein paar Kilometer entfernt ist eine weitere Sehenswürdigkeit, die Todra-Schlucht. Man muss nicht einmal wandern dafür, sondern man kann direkt mit dem Auto hindurchfahren. Die bis zu 400 Meter hohen Felswände sind an der engsten Stelle 160 Meter hoch und nur weniger als 10 Meter auseinander. Für mich sieht das allerdings nach deutlich mehr als 10 Meter aus. Der Fluss, der durch die Schlucht fließt, ist aktuell gerade mal ein Bach und reicht nur dafür, die Füße abzukühlen. In der Regenzeit kann er so anschwellen, dass die Durchfahrt überflutet wird. Die steilen Wände sind auch beliebt bei Kletterern. Es werden verschiedene Schwierigkeitsgrade angeboten. Ich bin am späten Vormittag da und die Anzahl der Besucher hält sich noch in Grenzen. Als ich wieder weiterfahre kommen allerdings bereits die ersten Touristenbusse an und ich denke, dass es nur wenig später unangenehm voll wird in der Schlucht.

Das Wetter ist leider nicht mehr so wie noch heute Vormittag in der Schlucht. Der Himmel hat sich zugezogen und je weiter ich fahre, ist auch ein Dunstschleier in der Luft. Ich vermute mal, dass es Saharastaub ist, der dies verursacht. Manchmal, wenn dieser bis nach Europa getragen wird, dann verschleiert das ja bei uns auch den Himmel. Hier ist es allerdings bis zum Boden wie ein Nebel. Die Landschaft wird immer karger und schon bald gibt es erste kleine Sandverwehungen auf der Straße. Ich fahre durch eine Geröllwüste, kann aber schon bald links die ersten Sanddünen im „Nebel“ erkennen. Sehr schade, dass ausgerechnet heute nicht so tolles Wetter ist, obwohl der aktuelle Zustand auch interessant ist. In meiner Wetterapp habe ich allerdings gesehen, dass es morgen Nachmittag vermutlich sogar regnen wird. Hab ich also noch Glück im Pech gehabt.
Neben der Straße entdecke ich relativ gleichmäßige und symmetrisch angeordnete Erdhügel. Es stellt sich heraus, dass es sich hierbei um die Khettaras handelt. Das sind bis zu 10 Meter tief gelegene Wasserkanäle, die in mühsamer Arbeit von Sklaven gegraben wurden. Damit wurde das Wasser über große Entfernungen an die benötigten Stellen geleitet. Die Haufen sind der Erdaushub, der alle paar Meter über senkrechte Kanäle nach oben befördert wurde. An den Stellen konnte dann auch wie aus einem Brunnen Wasser aus dem Kanal entnommen werden. Schon seit langer Zeit ist der Grundwasserspiegel jedoch so stark abgesunken, dass die meisten Kanäle trocken liegen. An einer Stelle kann man in die alten Kanäle hinabsteigen. Nachdem ich den Eintrittspreis auf die Hälfte heruntergehandelt habe, schaue ich mir das an. Eine beeindruckende Größe haben die Kanäle.

Mitten im Nirgendwo ist der Treffpunkt für meinen heutigen Ausflug in die Sahara. Von dort werde ich mit dem Geländewagen zu meinem Kamel gefahren. Die Kamelführer haben in der Regel vier Kamele zu einer kleinen Karawane aneinander gebunden. Zufällig bin ich für dieses Kamelquartett der einzige Passagier und ich sitze auf dem zweiten Kamel. Das Kamel geht erst auf die Knie und dann erhebt es sich ganz. Jetzt merke ich erst, wie groß es ist. Die Sitzhöhe ist wohl irgendwo zwischen 2 und 2,5 Meter. Alle Kamele machen auf mich einen sehr entspannten Eindruck und es geht sofort los. Der Weg bis zum Camp dauert eine gute Stunde und während der Kamelführer vorweg geht, trotten die vier Kamele mit mir gemütlich hinterher.

Manchmal ist der Kopf von dem Kamel hinter mir direkt an meinem Bein und ich überlege, ob es vielleicht mal aus Spaß in meine Wade beißen würde. Die riesigen Kamelfüße drücken sich lautlos in den Sand und immer wenn man quasi im Tal zwischen zwei Dünen ist, herrscht absolute Stille. Sämtliche Umgebungsgeräusche sind dort wie ausgeschaltet. Gelegentlich sieht man andere Touristenkarawanen links und rechts, die dann auch gleich wieder aus dem Blickfeld verschwinden.

Als wir am Camp angekommen sind und das Kamel sich wieder zweistufig hinsetzt, falle ich fast vornüber, da es beim auf die Knie gehen plötzlich nach vorne kippt. Ich habe das Gefühl, dass es den Kamelen gut geht und die nicht für touristische Zwecke missbraucht werden, sondern entsprechend achtsam als Nutztiere behandelt werden. Es ist ein kleines Camp mit sechs Gästezelten, einem großen Gemeinschaftszelt und im Hintergrund ein paar kleiner Zelte für Personal und Equipment. Vom Camp sind es nur 19 km bis zur Grenze nach Algerien.

Offensichtlich habe ich ein Upgrade bekommen, denn mit einem eigenen En-suite-Bad mit Toilette, Waschbecken und Dusche hatte ich gar nicht gerechnet. Das Zelt ist für mich allein riesig und das Bett ist komfortabel. Üblicherweise folgt bald nach der Ankunft der Sonnenuntergang, aber heute sind die zweieinhalb Stunden bis zum Dinner ohne dieses Highlight zur freien Verfügung. Gerade noch so kann man die Sonne durch den Dunst erkennen.

Wie schon in der Namib ist es natürlich auch hier extrem anstrengend, die Dünen hochzukraxeln. Das Dinner ist ausgezeichnet und nicht “all you can eat” sondern “more than you can eat”. Anschließend gibt es noch eine gemütliche Runde am Lagerfeuer mit Livemusik und Gesang der Berber. Auch die Gäste werden nach dem Motto “alles kann, nichts muss” mit einbezogen ins Musizieren, Tanzen und Singen. Es wird dabei immer windiger und stürmt die ganze Nacht durch.